Effelter – Was von außen wie eine ganz normale Scheune aussieht, hat es in sich. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Das Innenleben des Gebäudes am Ortseingang von Effelter will so gar nicht zu dessen äußerem Erscheinungsbild passen: Plastikrohre in allen Farben, bunt leuchtende Bildschirmanzeigen, jede Menge Knöpfe, tiefschwarze Filteranlagen und mittendrin ein orange glänzender Ofen, der sonor vor sich hin brummt.
37 Haushalte hängen am Netz
So sieht die Zukunft aus, die im Bioenergiedorf Effelter bereits seit ein paar Tagen Gegenwart ist. Das Hackschnitzelheizwerk, das für den unaufdringlichen Grundton verantwortlich ist, ist das Herzstück eines 2,5 Kilometer langen Nahwärmenetzes, das 37 Haushalte im Ort versorgt. Neben dem 500-Kilowatt-Ofen in der Scheune von Marcus Appel liefert noch eine weitere, bereits seit längerem existierende Biogasanlage nebenan Abwärme zu. Alles läuft dann in der Scheune zusammen und wird von dort aus ins Netz des Wilhelmsthalers Ortsteils eingespeist.
Was sich so simpel anhört, ist das Ergebnis aus zweieinhalb Jahren Planungs- und Bauarbeit. Zwischen 500 und 800 ehrenamtliche Arbeitsstunden haben die Mitglieder der Projektsteuergruppe in dieser Zeit geleistet. Wolfgang Degelmann nennt sie, die das Unterfangen Bioenergiedorf nach Kräften vorangetrieben haben, stolz seine “Hackschnitzeltruppe”. Rund 150 Sitzungen und gemeinsame Termine haben Degelmann und sein Kollege Matthias Böhm, beide Fachmänner der Energievision Frankenwald, in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren in Effelter wahrgenommen. Nun stehen sie am Freitag vor der Anlage und stellen nicht ohne Stolz fest: “Das Feuer brennt, die Anlage läuft.”
Vier Tage lang hat Marcus Appel, der die Geschäftsführung der eigens gegründeten Bioenergiedorf Effelter GmbH inne hat, den Ofen laufen lassen, bevor die Inbetriebnahme gefeiert wird. Schließlich soll die Anlage zum offiziellen Startschuss bereits Betriebstemperatur haben. Und spätestens beim ersten Rundgang durch das Kraftwerk wird spürbar: Diese liegt bei rund 80 Grad. Trotz einer guten Dämmung wird es den Besuchern da ein bisschen warm.
Wie Appel erläutert, ist die Anlage so umweltfreundlich wie derzeit möglich. Die Asche, die nach dem Verbrennen der nebenan gelagerten Hackschnitzel zurückbleibt, wird in einem Behälter gesammelt und taugt später als Dünger auf dem Feld. Durch den Schlot der Anlage gelangen ferner weder Feinstaub noch andere Schadstoffe in die Luft. Dafür sorgt ein sogenannter Zyklon-Filter. “Die Anlage ist dadurch wesentlich emissionsärmer als es 37 Einzelanlagen in den Haushalten wären”, verdeutlicht Wolfgang Degelmann.
Doch das Projekt Bioenergiedorf setzt nicht nur in ökologischer Hinsicht Maßstäbe, sondern verbindet damit auch einen ökonomischen Nutzen. “Es wird Einnahmen für die Betreibergesellschaft geben”, erklärt Degelmann. Schließlich zahlen die Abnehmer der Öko-Energie 7,5 Cent pro Kilowattstunde. Mit diesem Geld soll unter anderem eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Heizwerks finanziert werden. “Wenn das gelingt, werden sicher noch weitere Dinge kommen”, blickt er voraus. Damit hat er auch Ansiedlungen weiterer Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien im Visier: “Das Bioenergiedorf ist eben auch ein Wirtschaftsfaktor”, ist Degelmann überzeugt.
50 Jahre Lebensdauer
Bis dies soweit ist, überwacht Marcus Appel akribisch “seine” Anlage, bleibt dabei aber ziemlich relaxt. Wenn es technische Schwierigkeiten gibt, alarmiert ihn sein Handy schließlich ganz automatisch. Und selbst ein kurzzeitiger Totalausfall des Kraftwerks ist kein Weltuntergang: “Bei minus 15 Grad Außentemperatur reicht die Energie selbst dann, um alle angeschlossenen Haushalte für 24 Stunden zu versorgen”, beruhigt er. Aber ein Totalausfall ist bei einer Anlage mit einer prognostizierten Lebensdauer von 40 bis 50 Jahren ohnehin nicht zu erwarten, wiegelt Wolfgang Degelmann ab.
Nicht ganz so lange wird es dauern, bis die Menschen in ganz Bayern von dem Vorzeigeprojekt in Effelter erfahren. Am morgigen Sonntag soll laut Marcus Appel ab 18 Uhr in der Frankenschau des Bayerischen Rundfunks (BR) ein Beitrag darüber gesendet werden.
Übrigens: Die Pionierarbeit der Effelterer findet bereits Nachahmer. Allein in den Landkreisen Kronach, Kulmbach und Hof sind derzeit zwölf weitere Ortschaften auf dem Weg zum Bioenergiedorf.
Quelle: www.np-coburg.de