Japaner informieren sich in Effelter über erneuerbare Energien

Eine japanische Abordnung befindet sich derzeit auf „Energie-Reise“ in Deutschland, um sich in den Bioenergiedörfern 2010 über erneuerbare Energien zu informieren. Neben Jühnde-Barlissen (Niedersachsen) und Feldheim (Brandenburg) führte dabei ihr Weg auch nach Effelter.

Effelter - Ein Japaner kommt selten allein. Elf Mitglieder privater Umwelt-Projektgruppen aus dem Land der aufgehenden Sonne sind ins heute nass-kalte Effelter gekommen – bestens ausgestattet mit Info-Ordnern, Schreibutensilien für Notizen und natürlich Digitalkameras zum Fotografieren. „Sightseeing“ steht auf dem Programm. Allerdings geht es dabei weniger um die landschaftlichen Schönheiten unserer fränkischen Heimat, sondern um das Thema Energiewende. Spätestens nach der Reaktor-Katastrophe loten die Japaner die Chancen für erneuerbare Energien aus – auch im kleinen Frankenwald-Ort. Schließlich versorgt hier ein 2,4 Kilometer langes Nahwärmenetz, gespeist von einer landwirtschaftlichen Biogasanlage und einem zuschaltbaren Hackschnitzelwerk, 38 Familien mit Energie für Heizung und Warmwasser.

img_0235„In Japan schläft man nicht beim Thema Energiewende“, erzählt Eri Otzu in einem bemerkenswerten guten Deutsch. Die Bilder der Reaktor-Katastrophe von Fukushima hätten sich tief in das Gedächtnis der Menschen eingebrannt. „Mittlerweile sind auch in meiner Heimat große Teile der Bevölkerung gegen Atomkraft“, zeigt sie sich sicher. Eri Otzu wurde in Deutschland geboren, verbrachte hier aber nur die ersten acht Monate. Nach ihrem Abitur und dem Besuch einer Universität in Japan studierte sie dreieinhalb Jahre – von 1999 bis 2002 – mit ihrem japanischen Mann Landwirtschaft in Weihenstephan. Otzu ist eine Energievisionärin und legt auch bei der Bewirtschaftung ihres eigenen Hofes den Hauptschwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Vor einigen Jahren gründete sie einen Ökoverein, dessen Vorsitz sie zunächst innehatte. „Mittlerweile habe ich aber drei Söhne – Zwillinge im Alter von fünf Jahren sowie einen Sohn mit drei Jahren. Dazu die Arbeit auf dem Feld. Das war nicht mehr zu schaffen“, meint sie. Dennoch sei sie nach wie vor von dem Thema erneuerbare Energien überzeugt und setze sich dafür ein – genau wie die gesamte Delegation aus Japan. „Das sind Aktivisten verschiedener Privatinitiativen sowie einige engagierte Verwaltungsangestellte, die sich hier auf eigene Kosten eine Woche lang über alternative Möglichkeiten informieren“, erklärt sie. Einer der Hauptmotoren sei Ayako Fujii, Geschäftsführerin von NPO Nanohana Project Network. Die Initiative sei bereits 2001 von Bürgern gründet worden. Sie verfolgt das Ziel einer unabhängigen Null-Abfall-Gesellschaft durch ein Ressourcen-Recycling von Raps. „In Japan isst man viel frittiertes Essen. Daher verbrauchen wir viel Speiseöl. Um dies nicht einfach zu entsorgen und die Umwelt damit zu belasten, wird daraus beispielsweise Seife gemacht. Aus Deutschland haben wir die Grundidee, Raps als Treibstoff zu nutzen“, erklärt sie. In Japan gebe es landeweit 54 Atomkraftwerke, 80 Prozent seien über 20 Jahre alt. Dennoch möchte – so Otzu – die Regierung selbst nach der Nuklearkatastrophe weiter an Atomkraft festhalten. Begeistert vom Bioenergiedorf Effelter meint sie: „70 Prozent von Japan sind Wald. Mit Sicherheit hätten wir auch die technischen Möglichkeiten, um ähnliche Projekte aufzubauen. Wir werden daher an diesem Thema dranbleiben.“

Willkommen geheißen wurde die Delegation aus dem asiatischen Inselstaat vom Geschäftsführer der bürgereigenen Bioenergie Effelter GmbH & Co.KG, Marcus Appel, sowie von Bürgermeister Wolfgang Förtsch. Beide freuten sich sehr, die weitangereisten Gäste, die seit Ende vergangener Woche in Deutschland verweilen und in Bamberg untergebracht sind, im „grünen Herzen“ Deutschland begrüßen zu können. Das Gemeindeoberhaupt würdigte die Pionierleistung von Appel, erster Betreiber einer Biogasanlage im Landkreis Kronach und Hauptmotor der Energiewende in Effelter. Wie Appel ausführte, sei das Unternehmen Bioenergiedorf Effelter mittlerweile international bekannt. So seien in den letzten Jahren mehrfach Gäste aus verschiedenen Ländern hier zu Gast gewesen. Auch Workshops finden hier öfters statt. Gerne gebe er Interessierten bei einer Betriebsführung Einblick in die technischen Anlagen seiner Biogasanlage und Hackschnitzelheizung.

Neben der Besichtigung der „Heiligen Hallen“ auf dem Hof der Familie Appel, stand für die Aktivisten noch eine Präsentation über die Energieversorgung, eine Dorferkundung mit Klemens Löffler, eine Vorführung des Holzhackens von Dirk Zipfel, sowie abends eine Zusammenkunft mit Bürgern der Dorfgemeinschaft Effelter beziehungsweise der Planungsgruppen auf dem Programm. Am Ende eines langen, aber sehr interessanten Tages zeigten sich die Gäste aus Fernost begeistert von der zukunftsweisenden Gemeinschaftsleistung in Effelter. Noch bis Ende der Woche reist die Delegation durch Deutschland. Eri Otzu dagegen wird noch zwei Wochen anhängen, in denen sie Freunde in Deutschland besucht. Dann geht es auch für sie zurück nach Japan – im Gepäck jede Menge Informationen und Anregungen.

img_0169Auszeichnungen: Mit einem Preisgeld von 10.000 Euro verbunden war die Wertung „Bioenergiedorf 2010“des Bundeslandwirtschaftsministeriums an beispielhafte Bioenergiedörfer, die mindestens die Hälfte ihres Jahresstrom- und Wärmebedarfs aus regional erzeugter Biomasse decken. 3.000 Euro übergab der damalige bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner als Anerkennung dafür, dass Effelter das bislang einzige Bioenergiedorf in Bayern sei. Im November 2011 überreichte der bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber die Medaille für Verdienste um die Umwelt.

Quelle: www.infranken.de

veröffentlicht: 10. February 2012